Moderation: Prof. Dr. Wolfgang Schlott
Der Künstler Halil İncesu hat in der Türkei wegen seiner Karikaturen tausende anonyme Morddrohungen erhalten. Nach jahrelangen Verfolgungen durch Polizei und Gerichtsbehörden beantragt er nun in Bremen politisches Asyl.
Halil İncesu ist ein bekannter, in der Zwischenzeit auch international anerkannter Karikaturist. Wegen seiner politischen Karikaturen musste er in den vergangenen drei Jahren über zweihundert Mal vor türkischen Gerichten erscheinen.
Seine bedrohte berufliche Situation verdeutlicht im vergangenen Jahr folgender Vorfall: Aus Anlass des Internationalen Frauentags am 8. März 2016 veröffentlicht die türkische Tageszeitung "Özgür Gündem" eine seiner Karikaturen. Unter der Karikatur steht ein Zitat des Propheten Mohammed "Der Himmel liegt unter der Füßen der Frauen / Cennet Kadınların Ayaklarının Altındadır". Dort ist eine Putzfrau mit einem über ihr stehenden Mann zu sehen. Einen Tag später erhält İncesu Morddrohungen. Eine Woche danach gibt es nach dem Freitagsgebet in verschiedenen Städten der Türkei Demonstrationen gegen ihn. Die Demonstranten rufen seinen Namen in Verbindung mit Wörtern wie "Tod" und "er muss bestraft werden". Innerhalb von zwei Wochen erhält er bei Twitter, Facebook und per Telefon (SMS und Anrufe) tausende Morddrohungen. Sein Mobil-Telefon kann er von diesem Zeitpunkt an nicht mehr nutzen. Halil İncesu fühlt sich an seinem Wohnort nicht mehr sicher. Deswegen muss er auch seine Wohnung verlassen, um an einem geheimen Ort zu leben. Der kurdische P.E.N. nimmt Kontakt zu ihm auf, und der Präsident des Vereins, Şehmuz Sefer, teilt ihm mit, dass er sein Heimatland verlassen müsse. Das P.E.N-Zentrum kümmert sich um seine Ausreise, und das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul erteilt Halil İncesu ein Visum für einen einjährigen Aufenthalt in Deutschland. Daraufhin wartet Halil İncesu ein Jahr lang in der Hoffnung, dass sich die politische Lage in der Türkei verbessern würde. Doch nach dem Militärputsch-Versuch im Juli 2016 verschlechtert sich erneut die Lage. Deswegen beantragt Halil İncesu im Februar 2017, nach seiner Ausreise aus der Türkei, in Bremen politisches Asyl.
Im Rahmen der Veranstaltung berichtete Halil İncesu über seine Aktivitäten in der Türkei, zeigte seine künstlerischen Arbeiten und sprach über die dortige Kulturszene. Außer Halil İncesu waren auch sein Anwalt Albert Timmer, der Präsident des Schriftsteller-Verbands Exil-P.E.N. deutschsprachiger Länder, Prof. Dr. Wolfgang Schlott, der Autor und Fotograf İlker Maga und der Sozialpädagoge İbrahim Sürücü anwesend.
Veranstalter waren der Exil-PEN deutschsprachiger Länder und die Kulturwerkstatt westend.